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Der Zuwanderungsplan der Bundesregierung — wird er positive Auswirkungen auf Start-ups haben?

Die Gedanken eines Start-ups in Kurzform



Die Bundesregierung hat diese Woche die Eckpunkte ihres neuen Zuwanderungsplans vorgestellt. Darin geht es vor allem um die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Dies ist eine wichtige und richtige Maßnahme, um den Engpass auf dem Arbeitsmarkt zu entschärfen. Besonders Start-ups sind von den geplanten Änderungen betroffen, denn der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern ist gerade hier besonders hoch, wie eine Studie des Startup Verbandes belegt. Wir haben uns die Eckpunkte der BMAS aus Start-up Sicht mit internationaler recruiting Erfahrung angesehen, und geben unsere Einschätzung aus der Praxis.


Deutsche Bundesregierung stellt neuen Zuwanderungsplan vor


Die deutsche Regierung hat einen neuen Plan zur Behebung des Fachkräftemangels in Deutschland vorgestellt. Der Plan ist dem kanadischen Punktesystem nachempfunden und würde es Einwanderern mit den erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen erleichtern, nach Deutschland zu kommen. Darüber hinaus soll die Zuwanderung auch für diejenigen Drittstaatsangehörigen möglich sein, die in ihrem Herkunftsland eine mindestens zweijährige Berufserfahrung und einen staatlich anerkannten Berufsabschluss erworben haben. Dies könnte dazu beitragen, den Fachkräftemangel in Deutschland auszugleichen und die Wirtschaft anzukurbeln — so die Aussage der Bundesregierung.


Umfrage unter jungen Unternehmen offenbart Kernproblem


Laut einer Umfrage des Startup-Verbandes unter fast 300 jungen Unternehmen im April dieses Jahres ist dies auch hier eines der zentralen Probleme in Deutschland. In der Umfrage hatte mehr als die Hälfte aller Unternehmen (54 Prozent) Probleme, Mitarbeiter zu finden — bei Unternehmen mit 25 oder mehr Beschäftigten steigt diese Zahl auf 85 Prozent. Es scheint so, als ob Technologie-Unternehmen gleichermaßen, ob Groß oder Klein sich generell schwer tun mit der Suche nach den richtigen Spezialisten für ihr Unternehmen.


Umfassende Agenda mit konkreten Vorschlägen


Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am Mittwoch nun eine Reihe von Eckpunkten veröffentlicht, die das Kabinett bei seiner Entscheidung zur Verbesserung der Zuwanderung nach Deutschland zugrunde gelegt hat. Diese Leitlinien enthalten eine umfassende Agenda mit mehreren konkreten Vorschlägen für Verbesserungen.


Eine Vorschlag ist, dass Arbeitssuchende aus Drittstaaten, die ein “gutes Potenzial” aufweisen, so lange in Deutschland bleiben dürfen, bis sie eine Beschäftigung gefunden haben. Dazu soll eine “Chancenkarte” eingeführt werden, die dem kanadischen Punktesystem nachempfunden ist. Darüber hinaus soll die Zuwanderung auch für diejenigen Drittstaatsangehörigen möglich sein, die in ihrem Herkunftsland mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen staatlich anerkannten Berufsabschluss erworben haben. Aber profitieren Start-ups gleichermaßen davon?


Die Blaue Karte EU


Schauen wir uns die vorgeschlagenen Änderungen zur Hochqualifizierten-Richtlinie („Blaue Karte EU“) zur Zuwanderung einmal an, die wir aus Erfahrung sehr gut kennen. Das Blaue Karte System ist ein EU-weites System, das es hochqualifizierten Arbeitnehmern ermöglicht, in jeden der 28 Mitgliedstaaten zu kommen und dort zu arbeiten. Um eine Blaue Karte zu erhalten, muss ein Bewerber ein Jobangebot von einem Unternehmen in einem EU-Land haben und bestimmte Sprach- und Bildungsanforderungen erfüllen. Die Blau Karte berechtigt den Inhaber zu einem Aufenthalt in der EU von bis zu vier Jahren und kann verlängert werden. Der Inhaber hat auch das Recht, seine Familie mitzubringen.


Die Herausforderungen für Start-ups


Während wir aus eigener Erfahrung bestätigen können dass die Prozesse zur Rekrutierung von Hochqualifizierten aus dem Ausland mittels Blaue Karte EU vorhanden und etabliert sind, sind doch die administrativen Hürden für Startups häufig einfach zu hoch. Das Verfahren zur Erlangung einer Blauen Karte ist lang und intensiv. Es kann bis zu sechs Monate dauern, bis das gesamte Antragsverfahren abgeschlossen ist und der Mitarbeiter bei uns vor Ort in Deutschland sitzt. Wer über keine eigene HR Abteilung verfügt, muss das Antragsverfahren als Gründer selbst durchstehen. Darüber hinaus muss der zukünftige Mitarbeiter als Antragsteller eine Vielzahl von Unterlagen vorlegen, darunter Nachweise über seine gleichwertige Qualifikationen und Deutschkenntnisse. Das Verfahren kann besonders für Existenzgründer schwierig sein, die möglicherweise nicht selbst die Zeit oder die Mittel haben, um einen Antrag für einen zukünftigen Mitarbeiter zu unterstützen. In kritischen Zeiten müssen sich Existenzgründer auf das Wesentliche konzentrieren, innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Ihre Zeit damit zu verbringen mit Deutschen Botschaften, Arbeitsämtern, Zeugnisanerkennungsstellen etc. zu verbringen, kann ressourcen binden und den entscheiden Wettbewerbsvorteil zu nichte machen.

Dass nicht der falsche Eindruck entsteht. Das Blaue Karte Programm ist ein wunderbares Instrument, um Talente nach Deutschland zu holen. Wir haben als Gründer-Team sehr positive Erfahrung mit dem Prozess in Asien und im Nahen/ Mittleren Osten machen können und sind nun in der Lage zukünftige Mitarbeiter von Anfang bis Ende durch den Prozess zu begleiten. Wir betrachten dieses Prozesswissen um Fachkräfte Überführung als Teil unseres Start-up Kern know-hows.


Geplante Änderungen bei Blauer Karte EU


Welche Änderungen sieht nun das Eckpunktepapier in der sogenannten Fachkräftesäule zur “Blauen Karte” vor? Im veröffentlichten Papier heisst es:

Wir werden die Spielräume bei der nationalen Umsetzung der novellierten EU-Hochqualifizierten-Richtlinie („Blaue Karte EU“) einwanderungsfreundlich nutzen. Dazu senken wir die Gehaltsgrenzen auf das 1,25-fache des Durchschnittsjahresbruttogehalts (reguläre Gehaltsgrenze) und das 1,0-fache des Durchschnittsjahresbruttogehalts (abgesenkte Gehaltsgrenze). Damit schöpfen wir die Möglichkeiten, die die EU-Richtlinie bei der nationalen Umsetzung bietet, aus.”

Durch die Senkung des Schwellenwerts für das reguläre Gehalt und die niedrigere Gehaltsschwelle können Start-ups künftig Talente im Ausland mit niedrigeren Einstiegsgehältern anwerben. Dies wird ihnen zu Beginn helfen, Geld zu sparen und gleichzeitig Zugang zu Spitzenkräften aus der ganzen Welt zu erhalten. Aber es ist kein Geheimnis, dass sich IT-Deutschland in einem “War for Talents” um die besten Köpfe befindet. Vor allem in Berufen mit hoher technischer Qualifikation, die in start-ups an neusten Technologien wie DLT oder AI arbeiten, wird mit sehr hohen Gehältern von großen Unternehmen abgeworben. Ist der Mitarbeiter erst einmal durch das Ressourcen fressende Blaue Karte Verfahren gebracht, steht er dem gesamtdeutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die formelle Bindung an das Start-up, das den Mitarbeiter unter (finanziellen-) Anstrengungen aus dem Ausland angeworben hat, ist vertraglich schwer möglich. Start-ups müssen viel größere Anstrengungen unternehmen, um die klügsten Köpfe an Bord ihres Unternehmens zu holen und auch länger als nur 1–2 Jahre zu behalten und sich dabei am Gehaltsspiegel in Deutschland orientieren.


Anpassungen lösen nicht das eigentliche Problem


Aus unserer Sicht geht die Reduzierung des Schwellwertes für Blaue-Karten am eigentlichen Problem für Start-ups vorbei. Es sind die hohen Anfangsinvestitionen für die Anwerbung und Überführung des Mitarbeiters nach Deutschland, die mit dem Risiko verbunden ist, durch zu geringe Stehzeit im Start-up finanziellen Schaden zu verursachen. Dass das Top Talent, wenn es in Deutschland an kommt, dann dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht ist ein richtiger Erfolg. Nur die Risikoverteilung zwischen den Kleinen Firmen wie uns die Mitarbeiter mit attraktiven Jobs nach Deutschland holen sowie an neusten Technologien ausbilden und den großen finanzkräftigen Unternehmen die diese dann mit hohen Gehältern abwerben, ist ungerecht.


Blaue-Karte Zuschuss für Start-ups, die neue Fachkräfte nach Deutschland holen?


Wir glauben, dass Deutschlands start-ups bereit sind, die Zuwanderung von Spitzentalenten in den Arbeitsmarkt zu forcieren, wenn das Risiko und die administrativen Lasten verteilt werden. Wie wäre es zum Beispiel mit einem “Blaue-Karte-Zuschuss” für Start-ups die neue Fachkräfte nach Deutschland holen? 1–2 Monatsgehälter, je Blaue Karte Antrag, könnten als Entschädigung für einen möglichen vorzeitigen Arbeitsplatzwechsel gefördert werden.

Dies würde das Anwerbe-Risiko von Fachkräften bei Start-ups verringern und wäre ebenfalls ein adäquater Ausgleich für den hohen administrativen Aufwand im Falle eines frühzeitigen Verlassens des Blaue-Karte Inhabers. Das hilft Start-ups weiter die besten Köpfe aus der ganzen Welt anzuziehen, und kommt der deutschen Wirtschaft insgesamt zugute wenn die hochqualifizierten Mitarbeiter dem Arbeitsmarkt insgesamt zugeführt werden.


Kritiker vs. Befürworter


Kritiker des Zuwanderungsplans sagen, dass er nicht weit genug geht, um das Problem der Fachkräftezuwanderung in den Griff zu bekommen. Sie argumentieren, dass die Regierung mehr tun sollte, um qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Ländern anzuwerben. Die Befürworter des Plans argumentieren jedoch, dass es sich um einen Schritt in die richtige Richtung handelt und dass er dazu beitragen wird, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben.

Als Start-up, das bereits aktiv über das Blaue Karte Verfahren Fachkräften im Ausland rekrutiert, sind wir der Meinung, dass die neue Initiative teilweise am Thema vorbeigeht. Sie mag zwar dazu beitragen, die Prozesse bei der Anwerbung von Spitzenkräften durch z.B. eine digitale Antragsstrecke zu vereinfachen, aber sie ändert nichts an den hohen Anfangsinvestitionen, die notwendig sind, um diese Fachkräfte nach Deutschland zu holen.


Unser Fazit: richtige Richtung, unter Vorbehalt


Der neue Vorschlag zur Einwanderung ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleibt abzuwarten, ob er die gewünschte Wirkung haben wird oder nicht. Als innovatives Start-up hoffen wir, dass die vorgeschlagenen Änderungen sowohl den Zuwanderern zugute kommen, indem sie ihnen helfen, einen langfristigen Aufenthalt zu erlangen und ihre Karriereaussichten zu verbessern, als auch direkt den Startups selbst, indem sie wirtschaftlichen Zugang zu einem breiteren Spektrum an qualifizierten Arbeitskräften erhalten.


Die Blaue Karte EU ist ein großartiges Programm, aber es braucht aus unserer Sicht eine finanzielle Unterstützung für Start-ups, um weiterhin die besten und klügsten Köpfe nach Deutschland zu holen.

Wir werden weiterhin nach Spitzentalenten im Ausland suchen, sie in unser Unternehmen holen und durch Anreize wie Mitarbeiterbeteiligungs-programme versuchen zu halten. Wir wollen ihnen das Gefühl geben, dass sie ein wichtiger Teil unserer Unternehmenskultur sind und dass ihre harte Arbeit geschätzt wird. Wir glauben, dass diese Art von Motivation uns helfen wird, auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

Die besten Talente werden immer ihren Weg zu den innovativsten und erfolgreichsten Unternehmen finden. Und wir sind entschlossen, eines dieser Unternehmen zu sein.

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